Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift: § 18 Psychotherapeutische Leistungen

 

 

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Bundesbeihilfeverordnung (mit den Durchführungshinweisen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift)

§ 18 Psychotherapeutische Leistungen
(1) Psychotherapeutische Leistungen sind Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung (§ 19), der tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Psychotherapie (§ 20) sowie der Verhaltenstherapie (§ 21).
(2) Aufwendungen für tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie sowie Verhaltenstherapie sind nur beihilfefähig bei
1. affektiven Störungen (depressiven Episoden, rezidivierenden depressiven Störungen, Dysthymie),
2. Angststörungen und Zwangsstörungen,
3. somatoformen Störungen und dissoziativen Störungen (Konversionsstörungen),
4. Anpassungsstörungen und Reaktionen auf schwere Belastungen,
5. Essstörungen,
6. nichtorganischen Schlafstörungen,
7. sexuellen Funktionsstörungen,
8. Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen,
9. Verhaltensstörungen und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend.
(3) Neben oder nach einer somatischen ärztlichen Behandlung von Krankheiten oder deren Auswirkungen sind Aufwendungen für eine Psychotherapie beihilfefähig bei
1. psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen, im Fall einer Abhängigkeit nur, wenn Suchtmittelfreiheit oder Abstinenz erreicht ist oder innerhalb von zehn Sitzungen erreicht werden kann,
2. psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch Opioide und gleichzeitiger stabiler substitutionsgestützter Behandlung im Zustand der Beigebrauchsfreiheit,
3. seelischen Krankheiten auf Grund frühkindlicher emotionaler Mangelzustände oder tiefgreifender Entwicklungsstörungen; in Ausnahmefällen auch bei seelischen Krankheiten, die im Zusammenhang mit frühkindlichen körperlichen Schädigungen oder Missbildungen stehen,
4. seelischen Krankheiten als Folge schwerer chronischer Krankheitsverläufe,
5. psychischer Begleit-, Folge- oder Residualsymptomatik psychotischer Erkrankungen. Die Beihilfefähigkeit setzt voraus, dass die Leistungen von einer Ärztin, einem Arzt, einer Therapeutin oder einem Therapeuten nach Anlage 3 Abschnitt 2 bis 4 erbracht werden. Eine Sitzung der tiefenpsychologisch fundierten oder analytischen Psychotherapie oder Verhaltenstherapie umfasst eine Behandlungsdauer von mindestens 50 Minuten bei einer Einzelbehandlung und mindestens 100 Minuten bei einer Gruppenbehandlung.
(4) Aufwendungen für psychotherapeutische Behandlungen, die zu den wissenschaftlich anerkannten Verfahren gehören und nach den Abschnitten B und G der Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet werden, sind beihilfefähig, wenn
1. sie der Feststellung, Heilung oder Linderung seelischer Krankheiten nach Absatz 1 dienen, bei denen Psychotherapie indiziert ist,
2. nach einer biographischen Analyse oder Verhaltensanalyse und gegebenenfalls nach höchstens fünf, bei analytischer Psychotherapie höchstens acht probatorischen Sitzungen die Voraussetzungen für einen Behandlungserfolg gegeben sind und
3. die Festsetzungsstelle vor Beginn der Behandlung die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen auf Grund eines Gutachtens zur Notwendigkeit und zu Art und Umfang der Behandlung anerkannt hat. Das Gutachten nach Satz 1 Nummer 3 ist bei einer Gutachterin oder einem Gutachter einzuholen, die oder der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Einvernehmen mit den Bundesverbänden der Vertragskassen nach § 12 der Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Ersatzkassen e. V. bestellt worden ist. Für Beihilfeberechtigte nach § 3 und ihre berücksichtigungsfähigen Angehörigen kann das Gutachten beim Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amtes oder bei einer Ärztin oder einem Arzt eingeholt werden, die oder den der Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amtes beauftragt hat.
(5) Für die psychosomatische Grundversorgung müssen die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 nicht erfüllt sein. Aufwendungen für Maßnahmen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 sind auch dann beihilfefähig, wenn sich eine psychotherapeutische Behandlung als nicht notwendig erwiesen hat.
(6) Aufwendungen für
1. katathymes Bilderleben sind nur im Rahmen eines übergeordneten tiefenpsychologischen Therapiekonzepts beihilfefähig,
2. Rational-Emotive Therapie sind nur im Rahmen eines umfassenden verhaltenstherapeutischen Behandlungskonzepts beihilfefähig,
3. eine bis zu sechs Monate dauernde ambulante psychosomatische Nachsorge nach einer stationären psychosomatischen Behandlung sind in angemessener Höhe beihilfefähig.
(7) Vor Behandlungen durch Psychologische Psychotherapeutinnen, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten muss spätestens nach den probatorischen Sitzungen oder vor der Einleitung des Begutachtungsverfahrens eine somatische Abklärung erfolgen. Diese Abklärung muss eine Ärztin oder ein Arzt vornehmen und in einem Konsiliarbericht schriftlich bestätigen.
(8) Haben Beihilfeberechtigte nach § 3 oder ihre berücksichtigungsfähigen Angehörigen am Dienstort keinen direkten Zugang zu muttersprachlichen psychotherapeutischen Behandlungen, sind die Aufwendungen für die folgenden Leistungen auch dann beihilfefähig, wenn die Leistungen internetgestützt erbracht werden:
1. tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie nach Nummer 861 der Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte oder
2. Verhaltenstherapie nach Nummer 870 der Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte.
Bei internetgestützter Therapie sind bis zu 15 Sitzungen beihilfefähig. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Verhaltenstherapie in Gruppen sowie analytische Psychotherapie als Einzel- oder Gruppentherapie sind nach Einholung eines erneuten Gutachtens gegebenenfalls umzuwandeln. Aufwendungen für Leistungen nach Satz 1 sind nur beihilfefähig, wenn diese im Rahmen einer im Inland begonnenen psychotherapeutischen Behandlung zur weiteren Stabilisierung des erreichten Behandlungserfolgs notwendig sind. Das Therapieverfahren kann durch Einzelkontakt mittels Telefon oder E-Mail erfolgen.
(9) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
1. gleichzeitige Behandlungen nach den §§ 19 bis 21 und
2. die in Anlage 3 Abschnitt 1 aufgeführten Behandlungsverfahren.

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur BBhV

18 Zu § 18 Psychotherapeutische Leistungen
18.1 Zu Absatz 1 (bleibt frei)
18.2 Zu Absatz 2
18.2.1 Geeignete Gutachterinnen und Gutachter im Sinne des Satzes 2 der Verordnung sind im Anhang 1 aufgeführt. Für probatorische Sitzungen gilt die Höchstgrenze je Leistungserbringerin oder Leistungserbringer.
18.2.2 Gutachterinnen oder Gutachter erstellen im Auftrag der Festsetzungsstelle ein Gutachten zur Notwendigkeit und zu Art und Umfang der Behandlung und bewerten die Angaben der Ärztin, des Arztes, der psychologischen Psychotherapeutin, des psychologischen Psychotherapeuten, der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (nachstehend Therapeutin oder Therapeut genannt); dabei sind die Formblätter 1 und 2 im Anhang 2 zu verwenden. Die Einreichung der Unterlagen an die Gutachterin oder den Gutachter hat in anonymisierter Form zu erfolgen. Die Festsetzungsstelle vergibt an die Beihilfeberechtigte oder den Beihilfeberechtigten einen von ihr festgelegten Anonymisierungscode. Bei Erst- und Folgegutachten ist derselbe Anonymisierungscode zu verwenden.
18.2.3 Die Durchführung eines beihilferechtlichen Voranerkennungsverfahrens ist nicht erforderlich, wenn die gesetzliche oder private Krankenversicherung der oder des Beihilfeberechtigten oder der oder des berücksichtigungsfähigen Angehörigen bereits eine Leistungszusage aufgrund eines durchgeführten Gutachterverfahrens erteilt hat, aus der sich Art und Umfang der Behandlung und die Qualifikation der Therapeutin oder des Therapeuten ergeben.
18.2.4 Die oder der Beihilfeberechtigte hat der Festsetzungsstelle das Formblatt 1 („Antrag auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit für Psychotherapie") ausgefüllt vorzulegen. Außerdem hat die oder der Beihilfeberechtigte oder die Patientin oder der Patient die behandelnde Therapeutin oder den behandelnden Therapeuten zu ersuchen, auf dem Formblatt 2 einen Bericht für die Gutachterin oder den Gutachter zu erstellen.
18.2.5 Die Therapeutin oder der Therapeut soll das ausgefüllte Formblatt 2 und gegebenenfalls das Formblatt 2 a in einem verschlossenen, als vertrauliche Arztsache gekennzeichneten Umschlag der Festsetzungsstelle zur Weiterleitung an den Gutachter übermitteln unter gleichzeitigem Verweis auf den Auftrag, das Ersuchen der oder des Beihilfeberechtigen, der Patientin oder des Patienten.
18.2.6 Nach Erhalt aller Unterlagen beauftragt die Festsetzungsstelle mit dem Formblatt 3 eine Gutachterin oder einen Gutachter aus dem Kreis der in Anhang 1 aufgeführten vom Bundesministerium des Innern bestellten Gutachterinnen und Gutachter mit der Erstellung des Gutachtens nach dem Formblatt 4 und leitet ihr oder ihm zugleich folgende Unterlagen zu:
a) den als vertrauliche Arztsache gekennzeichneten Umschlag der Therapeutin oder des Therapeuten (ungeöffnet!),
b) das ausgefüllte Formblatt 1 (als Kopie),
c) das Formblatt 4, in dreifacher Ausfertigung,
d) einen an die Festsetzungsstelle adressierten, als vertrauliche Arztsache gekennzeichneten Freiumschlag.
18.2.7 Die Gutachterin oder der Gutachter übermittelt seine Stellungnahme nach dem Formblatt 4 („Psychotherapie-Gutachten") – in zweifacher Ausfertigung – in dem Freiumschlag der Festsetzungsstelle. Diese leitet eine Ausfertigung des „Psychotherapie-Gutachtens" an die Therapeutin oder den Therapeuten weiter. Auf Grundlage dieser Stellungnahme erteilt die Festsetzungsstelle der oder dem Beihilfeberechtigten einen rechtsmittelfähigen Bescheid über die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Psychotherapie nach dem Formblatt 5.
18.2.8 Legt die oder der Beihilfeberechtigte gegen den Bescheid der Festsetzungsstelle Widerspruch ein, kann die Festsetzungsstelle im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ein Obergutachten einholen. Zu diesem Zweck hat die oder der Beihilfeberechtigte oder die Patientin oder der Patient die behandelnde Therapeutin oder den behandelnden Therapeuten zu ersuchen, den „Erstbericht" an die Gutachterin oder den Gutachter auf dem Formblatt 2 zu ergänzen, wobei insbesondere die Notwendigkeit der Behandlung erneut begründet und auf die Ablehnungsgründe der Festsetzungsstelle, der Gutachterin oder des Gutachters eingegangen werden sollte. Die Therapeutin oder der Therapeut soll den ergänzten Bericht in einem verschlossenen, als vertrauliche Arztsache gekennzeichneten Umschlag der Festsetzungsstelle zur Weiterleitung an die Obergutachterin oder den Obergutachter übermitteln unter gleichzeitigem Verweis auf den Auftrag, das Ersuchen der oder des Beihilfeberechtigten, der Patientin oder des Patienten.
18.2.9 Nach Erhalt der Unterlagen beauftragt die Festsetzungsstelle eine geeignete Obergutachterin oder einen geeigneten Obergutachter mit der Erstellung eines Obergutachtens. Im Anhang 1 sind geeignete Obergutachterinnen und Obergutachter aufgeführt. Die Festsetzungsstelle leitet ihr oder ihm zugleich folgende Unterlagen zu:
a) den als vertrauliche Arztsache gekennzeichneten Umschlag der Therapeutin oder des Therapeuten (ungeöffnet!),
b) Kopie des Psychotherapie-Gutachtens,
c) einen an die Festsetzungsstelle adressierten, als vertrauliche Arztsache gekennzeichneten Freiumschlag.
Ist die oder der die psychotherapeutische Behandlung ablehnende Gutachterin oder Gutachter gleichzeitig Obergutachterin oder Obergutachter, ist eine andere Obergutachterin oder ein anderer Obergutachter einzuschalten. Ein Obergutachten ist nicht einzuholen, wenn die psychotherapeutische Behandlung aufgrund einer Stellungnahme der Gutachterin oder des Gutachters abgelehnt wurde, weil die Therapeutin oder der Therapeut die in Anlage 2 zu den §§ 18 bis 21 aufgeführten Voraussetzungen nicht erfüllt.
18.2.10 Die Obergutachterin oder der Obergutachter übermittelt ihre oder seine Stellungnahme in dem Freiumschlag der Festsetzungsstelle. Auf Grundlage dieser Stellungnahme erteilt die Festsetzungsstelle der oder dem Beihilfeberechtigten einen Widerspruchsbescheid.
18.2.11 Bei einer Verlängerung der Behandlung oder Folgebehandlung leitet die Festsetzungsstelle den von der Therapeutin oder vom Therapeuten begründeten Verlängerungsbericht (Bericht zum Fortführungsantrag nach Formblatt 2) mit einem Freiumschlag der Gutachterin oder dem Gutachter zu, welche oder welcher das Erstgutachten erstellt hat. Dabei ist das Formblatt 4 um die zusätzlichen Angaben bei Folgebegutachtung zu ergänzen. Im Übrigen gelten die Nummern 18.2.6 bis 18.2.9 entsprechend.
18.2.12 Um eine Konzentration auf einzelne Gutachterinnen und Gutachter zu vermeiden, sind die Anträge zur Stellungnahme von der Festsetzungsstelle den Gutachterinnen, Gutachtern, Obergutachterinnen oder Obergutachtern im Rotationsverfahren zuzuleiten.
18.2.13 Die Kosten des Gutachtens in Höhe von 41 Euro und des Obergutachtens in Höhe von 82 Euro jeweils zuzüglich der Umsatzsteuer, soweit diese in Rechnung gestellt wird, trägt die Festsetzungsstelle.
18.3 Zu Absatz 3 (bleibt frei)
18.4 Zu Absatz 4 (bleibt frei)
18.5 Zu Absatz 5 (bleibt frei)
18.6 Zu Absatz 6
18.6.1 Psychologische Psychotherapeutinnen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen, psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten müssen zusätzlich zu dem Bericht an die Gutachterin oder den Gutachter mit dem Formblatt 2 a den erforderlichen Konsiliarbericht einer Ärztin oder eines Arztes zur Abklärung einer somatischen (organischen) Krankheit (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 Psychotherapeutengesetz – PsychThG, BGBl. I 1998, S. 1311) einholen.
18.7 Zu Absatz 7
18.7.1 Diese Behandlungsform ist keine ambulante psychotherapeutische Behandlung im Sinne der §§ 19–21 und bedarf daher keines Gutachterverfahrens. Die Aufwendungen sind angemessenen bis zur Höhe der Vergütung, die von den gesetzlichen Krankenkassen oder den Rentenversicherungsträgern zu tragen sind.
18.8 Zu Absatz 8
18.8.1 Anfallende Telefon- oder Internetkosten für das Internet-gestützte Therapieverfahren gehören nicht zu den beihilfefähigen Aufwendungen.


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